Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.
Verein
Startseite
Porträt
Kontakt / Impressum
Vorstand
Satzung
Mitglied werden
Neues / Archiv
Pressemitteilungen
Aktionen
Flugblätter
Meldungen
Rechtschreibreform
Kritischer Kommentar
Literatur
Regelwerkvergleich
Demoskopische Untersuchungen
Resolutionen
Netz
Andere Netzseiten
Diskussion
Forum
Forenbeiträge
der letzten 14 Tage
Gästebuch


Rechtschreibreform in der Sackgasse

Pressemitteilung des VRS vom 1.3.2002 (Kommentar zum dritten Bericht der zwischenstaatlichen Rechtschreibkommission)

Außerhalb der Tagesordnung war bei der gerade in Berlin tagenden Kultusministerkonferenz (KMK) auch die Rechtschreibreform wieder Gesprächsthema, wie die Präsidentin Dagmar Schipanski gestern der Presse mitteilte. Doch anstatt klare Entscheidungen zu treffen, wollen die Kultusminister erst einmal abwarten - wie bisher schon immer, wenn die Rechtschreibreform in der öffentlichen Diskussion stand. Die wurde diesmal ausgelöst vom dritten, als »vertraulich!« deklarierten Bericht der Rechtschreibkommission, in dem die bereits Oktober 2000 von der KMK bestellten Untersuchungsergebnisse geliefert werden. Die Reformer benennen einige besonders eklatante Fehler der Neuregelung und gestehen Korrekturbedürftigkeit ein.

Die gewagten Neuinterpretationen des Reformregelwerks, welche der Bericht enthält, führen zu Resultaten, die dem Wörterverzeichnis der Neuregelung und damit dieser selbst widersprechen. Im Bericht werden sogenannte »Toleranz-Metaregeln« erörtert, mit denen sich das Regelwerk auch entgegen seinem Wortlaut auslegen läßt. In letzter Konsequenz müßte dann eigentlich alles zulässig sein, was sich irgendwie auch nur ansatzweise aus den neuen Regeln zusammenreimen läßt: unter Berufung auf das »Stammprinzip« etwa sprächen wg. Sprache usw., so wie bereits aufwändig neben aufwendig in den aktuellen Wörterbüchern. Entsprechendes gilt für die Bereiche Getrennt-/Zusammenschreibung und Groß-/Kleinschreibung. So entstünde eine Fülle von Variantenschreibungen, doch stellt die Kommission andererseits fest, daß eine Erweiterung der Varianten dem Sinn und Zweck von Normierung völlig widerspräche. Die Alternative wäre eine weitere Komplizierung des Regelwerks, das jetzt schon anderthalbmal so umfangreich wie der Regelteil des Dudens von 1991 ist und damit das umfangreichste orthographische Regelwerk der deutschen Sprachgeschichte.

Der Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege empfiehlt für den Weg aus der Krise die Rückbesinnung auf Beobachtung und Beschreibung des Sprachgebrauchs. Werden der Sprachgemeinschaft keine künstlich ersonnenen Schreibungen aufgedrängt, entfällt überflüssiger Lernaufwand und zugleich die Notwendigkeit kostenträchtiger Umstellungen. Eine Abwendung vom mißglückten Reformversuch wäre auch noch zum jetzigen Zeitpunkt kostengünstiger als dessen Fortführung.

Der Erlanger Universitätsprofessor und Germanist Prof. Theodor Ickler hat 2000 ein Rechtschreibwörterbuch mit dem Untertitel »Die bewährte deutsche Rechtschreibung in neuer Darstellung« vorgelegt. Mit diesem Werk beweist er, daß die vor der Reform allgemein übliche Orthographie in Wahrheit viel unkomplizierter ist als die Reformschreibung. Sein Regelwerk übernimmt die thematische Gliederung der Neuregelung, ist aber bei gleicher Präzision nicht einmal halb so lang. Der von ihm gewählte deskriptive Grundsatz verspricht auch für die Anwendung in Schule und Öffentlichkeit ein Absinken der Fehlerquote.

Der VRS vertritt den Standpunkt, der Staat solle sich von Sprachregelungen fernhalten - erst recht, wenn diese dem überwältigend mehrheitlichen Willen der Bevölkerung entgegenstehen. Aus einem evolutionären Prozeß heraus setzt sich in der Sprachpraxis nur das durch, was sich als der Verständigung dienend erweist, eine Regelung von Staats wegen ist nicht erforderlich. Der VRS fordert die verantwortlichen Politiker dazu auf, die drängenden Probleme nicht weiter auszusitzen, sondern endlich zu einem demokratischen Umgang mit der deutschen Sprache zurückzukehren.

Zurück zur Übersicht

Letzte Änderung am 8. Sept 2003